Den Kunden und seine Erfahrung im Fokus
Kunden sind heute deutlich anspruchsvoller und wechselbereiter als je zuvor. Unternehmen, die den Kundennutzen verstanden haben und daraus ihre Produkte und Dienstleistungen ableiten, schaffen es, Kundenbindung aufzubauen. Das Image des Unternehmens wird aus Kundensicht daraus abgeleitet, ob das Unternehmen Lösungen anbietet und nicht mehr nur das „beste, innovativste Produkt“. Amazon wäre nicht so erfolgreich, wenn sie nicht strikt „kundenorientiert“ agieren und stets neugierig auf das Kundenerlebnis bleiben würden – „Was können wir tun, damit sich der Kunde in unsere Idee, unser Produkt verliebt?“ fragt Bezos in seinem Schwungradmodell der Kundenorientierung.
Stefan Riedel, Vorstand der adesso SW spricht von der „New Experience“, die die optimale Kombination aus Produkt und Dienstleistung zusammenfasst als Gesamtlösung für den Kunden. Voraussetzungen dazu aus seiner Sicht:
- ‚Understand me‘ (Daten)
- ‚Engage me!‘ (Relevanz)
- ‚Work for me!‘ (Operative Exzellenz)
- ‚Surprise me!‘ (Emotionale Begeisterung)
Die Herausforderung der „New Experience“ ist daher heute wohl, ein orchestriertes Gesamtprodukt (Mischung aus Produkt, Dienstleistungsangebot und kundenorientierter Haltung) zu entwickeln.
Service ist eine Haltung
Erfolgreiche Unternehmen mit hoher Kundenbindung haben verstanden, dass Service nicht erst in der Serviceabteilung beginnt, sondern vielmehr Teil der Unternehmenskultur ist. Denn der Kunde unterscheidet in seiner Wahrnehmung nicht, in welcher Rolle derjenige ist, mit dem er gerade Kontakt hat. In seinem Bild trifft es immer das gesamte Unternehmen.
So gesehen geht Service und damit Servicekultur jeden im Unternehmen etwas an. Die Hotelkette „The Ritz-Carlton“ hat mit ihrem Motto “We are Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen“ die Kundenorientierung in ihrer DNA fest verankert. Im Kern beschreibt dieses Motto vor allem, dass sowohl Kunde als auch Mitarbeiter „Ladies and Gentlemen“ sind. Diese Haltung zeigt eine große Wertschätzung. Unterstreicht sie vor allem, dass der Kunde nicht „König“, sondern genauso wichtig oder unwichtig ist wie der Dienstleister.
Verantwortung übernehmen
Tony Hsieh, Gründer von Zappos, hat in seinem Buch „Delivering Happiness“ zum Thema Unternehmenskultur und Kundenorientierung geschrieben: “Open, honest communication is the best foundation for any relationship, but remember that at the end of the day it’s not what you say or what you do, but how you make people feel that matters the most.” Für Tony Hsieh war es Teil der Unternehmenskultur, Mitarbeitern Verantwortung zu geben. Mitarbeiter am Servicetelefon konnten selbst entscheiden, wie lange sie ein Telefonat führen, Hauptsache, sie hinterlassen ein gutes Gefühl beim Kunden – es gab keine Messung der Gesprächszeiten, nur der Kundenzufriedenheit. Ebenso hält es Ritz-Carlton. Jeder Mitarbeiter verfügt über ein definiertes Budget, mit dem er frei agieren kann, wenn ein Kunde sich unzufrieden zeigt. Ritz-Carlton definiert dazu in den Gold-Standards vor allem Verantwortung für den Kunden: Derjenige, der eine Kundenbeschwerde entgegennimmt, ist verantwortlich für die Lösung.
Kundenorientierung beginnt, wenn sich alle als Kunde verstehen
Kundenorientierung als Kultur-Element beginnt, wenn sich alle im Unternehmen in einem Kunden-/Dienstleisterverhältnis wahrnehmen. So ist ein Mitarbeiter Kunde der Führungskraft (Dienstleistung Führung) und die Führungskraft ebenso wie alle anderen Kunde in dem Moment, wo ein Arbeitsauftrag erledigt oder eine Frage / Unterstützung eingefordert wird. Externe Kunden- und Lieferantenverhältnisse werden in das Unternehmen projiziert und jedem einzelnen Mitarbeiter mehr Verantwortung für die Qualität seiner Arbeit übertragen mit der Frage: „Welchen Anteil hat meine Leistung am Kundenerlebnis?“.
Serviceerlebnisse binden Kunden
und nicht die Vertriebserfolge!
Im B2B Umfeld ist häufig zu beobachten, dass die Vertriebsabteilung sich als das Kundenbindungsteam schlechthin sieht, haben sie doch vermeintlich den größten Impact auf die Kundenbeziehung. Sie sehen Service in der Regel als Leistung einer Serviceabteilung und hinterfragen dabei weniger, welchen Anteil an Serviceerlebnissen sie selbst erzeugen.
Aus Kundensicht ist jedoch schon die erste Kontaktanbahnung mit dem Unternehmen ein „Serviceerlebnis“, gefolgt von der Frage, ob der Vertrieb den Nutzen des Kunden in den Vordergrund stellt und echte Lösungen anbieten kann – Kunden beraten, statt verkaufen. Im Routinekontakt bewertet der Kunde zudem als Service, wie zuverlässig, schnell und lösungsorientiert der Vertrieb agiert und wie informiert er über die Kundenbeziehung ist.
Gerade im letzten Punkt, der Informationskette, zeigt sich in vielen Unternehmen ein großes Service Quality Gap. Denn die Abstimmung zwischen Vertrieb, PreSales und AfterSales ist häufig eine Einbahnstraße, gelegentlich mit vielen Abzweigungen. Erfolgreich am Markt ist, wer diese Kommunikationswege kultiviert, die Service Quality Gaps identifiziert und einen echten Customer Journey Prozess aufsetzt.