Service als Störungsvermeider
Der technische Fortschritt macht es möglich: Der Service kann und muss heute dem ursprünglichen Zweck, der Störungsbehebung, einen Schritt voraus sein. Stand früher vor allem die schnelle Wiederherstellung nach einem Defekt, einer Reklamation oder einer Fehlbedienung im Fokus, ist der technische Service heute viel mehr als Störungsvermeider gefragt. Ein proaktiver und damit präventiver Service wird erwartet. In der IT schon lange mit Hilfe von Ferndiagnose selbstverständlich, nimmt das Thema nun im Rahmen der Diskussion um Industrie 4.0 neu Fahrt auf. Gerade im Maschinen- und Anlagenbau, der in dieser Hinsicht noch etwas schwerfällig scheint und vor allem durch hohe Anforderungen an Ausfallminimierung geprägt ist.
Die klassische Organisationsform und Trennung zwischen Service-Innendienst und Service-Außendienst verschwimmt dabei zunehmend. Der Techniker wird zum Dompteur der Zugriffsmöglichkeiten und der Wissens-/Erfahrungsquellen. Ein Einsatz vor Ort ist nicht mehr zwingend erforderlich, per Fernzugriff greift ein Team von Experten auf die Kundeninstallation zu und löst agil alle Fragestellungen. Die Technik wird dabei zum verlängerten Arm und nicht mehr der Techniker. Das stellt ganz neue Anforderungen an die Organisation und technische Unterstützung.
Kundenversteher werden
Die Serviceführungskraft ist zunehmend darin gefordert, auf innovative Technologien und deren Möglichkeiten zu reagieren und daraus neue, für den Kunden attraktive Serviceleistungen anzubieten. Der Service wächst aus seiner rein reaktiven Rolle zum Begleiter des Kunden in allen Anwendungsfragen, vor allem schützt er den Kunden vor Störungen, ungeplanten Ausfällen und schlechter/unproduktiver Nutzung der Produkte. Der Service wird zum Know-how-Träger und Berater für den optimalen Einsatz der Produkte und arbeitet gegen seine ursprüngliche Aufgabe, dem Beheben von Störungen.
Die Digitalisierung des Erfahrungswissens ist dazu ein wesentlicher Baustein. Nur wenn es dem Service gelingt, sein dezentrales „Kopfwissen“ in ein für alle erreichbares „Organisationswissen“ zu transformieren ist er auch in der Lage, wirklich präventive Serviceleistungen anzubieten. Eine lernende, einfach zu bedienende und ständig wachsende Wissensdatenbank (ideal mit KI) ist dazu eine Voraussetzung.
Kundenbindung ist Erfolgsfaktor
Die Kundenbindung als Erfolgsfaktor wächst durch das Vertrauen der Kunden, im Anbieter einen langfristigen, kompetenten Begleiter gefunden zu haben. Dieser Begleiter wird vor allem dann besonders geschätzt, wenn er vor Wertverlust schützt (durch ungeplante Ausfälle der Produkte). Die neue Leistungsklasse im Service entsteht also aus dem präventiven Service.
Planbarkeit ist ein wesentlicher Vorteil
Für den Service entwickeln sich so neue Leistungsfelder, die vor allem eines sind: planbar! Während der reaktive Service dadurch geprägt ist, auf ungeplante Störungen zu reagieren, schafft der präventive Service einen deutlich höheren Anteil an planbaren Aktivitäten. Die Servicekultur der Feuerwehreinsätze verändert sich in diesem Zuge und lässt eine professionelle Ruhe und Planbarkeit zu – der Service wird zum Sparringspartner für den Kunden in allen Fragen der Produktnutzung/der Produktlebensdauer.
Die Serviceorganisationen der Zukunft müssen also lernen, sich anders zu strukturieren und aktiv zu planen, statt auf den nächsten „Anfall“ zu warten. Die Führungskraft ist gefordert, in neuen Personalplanungsfeldern zu denken: Statt der Frage „Mit wieviel Störungen müssen wir rechnen und wieviel Puffer brauchen wir?“ – die in der Regel zu Überkapazität führt, wenn die geschätzte Anzahl Störungen nicht eintrifft – steht nun die komfortablere Frage im Vordergrund: „Welche Leistungen kann ich planbar dem Kunden verkaufen, um Störungen zu vermeiden oder die Nutzung der Produkte zu verbessern?“ Hinterfragen Sie Ihre Servicestrategie und zukünftige Ausrichtung daher unbedingt im Kontext reaktiver vs. präventiver Service.
Trend: Service 4.0 wird gestaltet mit „Rundum-sorglos-Service-Paketen“
Kreativität in neuen Dienstleistungen, die den Kundennutzen erhöhen, ist gefragt
Es zählt, jede Störung zu vermeiden und damit den unterbrechungsfreien Produktionsablauf für den Kunden zu gewährleisten. Rein reaktiver Service gilt als „must-have“ und wird vorausgesetzt. Unterscheidungsmerkmale prägen sich erst mit präventiven und additiven Leistungen aus. Full-Service-Pakete bieten dazu einen erweiterten Serviceumfang einschließlich präventiven und/oder additiven Leistungsangeboten. Das kann auch bei einem Full-Service-Vertrag die Instandhaltungsplanung mit dem vollen Kostenrisiko beinhalten.
Nutzen für die Kunden: Absolute Kostentransparenz, überschaubare Budgetplanung über die gesamte Laufzeit der Anlage, maximale Verfügbarkeit und gut planbare Durchführung der vorbeugenden Wartungen.
Die Kunden können sich vollständig auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und übertragen die Verantwortung für die Einsatzbereitschaft der Produkte auf den Serviceanbieter.